Bereits drei Tage nach dem Geburtsfest unseres Herrn Jesus Christus konfrontiert uns die Kirche mit einem Fest, welches die friedliche und harmonische Weihnachtsstimmung zu trüben scheint: Am 28. Dezember gedenkt die Kirche den Unschuldigen Kindern, welche König Herodes in Bethlehem grausam ermorden ließ. Dadurch werden wir erneut mit der Frage konfrontiert, wie ein allmächtiger und liebender Gott all das Leid in der Welt zulassen kann.
Der allmächtige Gott und das Leid – mit Pater Markus Buchmaier
Mein Name ist Pater Markus Buchmaier und ich möchte heute mit Ihnen die Frage behandeln: Warum lässt Gott Leid zu oder warum gibt es das Leid?
Da gibt es ganz verschiedene Ansätze. Zunächst einmal könnte man sich ja fragen: wenn es Gott gibt und er sowohl allmächtig als auch gütig ist, dann darf es doch gar kein Leid geben auf dieser Welt. Aber hier sagen die Theologen: Nein, dem ist nicht so. Wenn Gott in sich vollkommen und perfekt ist, dann ist alles, was außerhalb ist -in der Geschöpflichkeit- nicht mehr in ihm, also es ist nicht mehr göttlich, sondern ist nur noch von ihm gemacht. Es ist von ihm abhängig, aber etwas Geschaffenes, eben nicht mehr Gott selbst. Und Alles, was nicht Gott selbst ist, hat schon einen gewissen Mangel im Vergleich zu ihm und zwar einen extrem Großen. Denn Geschaffenes ist nicht aus sich selbst, sondern es hat sein Dasein von einem anderen. Das heißt, der erste Schritt um das Leid vielleicht ein bisschen zu erfassen besteht darin, dass wir darüber nachdenken, was es bedeutet, ein Geschöpf zu sein. Was bedeutet es, geschöpflich zu sein, also nicht aus sich selber zu sein, sondern das Sein von Jemanden zu haben. Und dieses Sein, das der Eine hat, also Gott selbst, hat er nicht auf gleiche, vollkommene Weise weitergegeben. Sonst würde er sich selbst aufheben, Gott kann keinen anderen Gott machen; Gott selber ist in sich vollkommen, die einzig wahre und erste ewige Ursache mit all den Eigenschaften, die dahinterstehen. Wenn man das weiterdenkt und jetzt einmal hinein geht in unsere Welt, so wie sie geschaffen ist, ja da kann man sich wieder fragen, ob diese Welt perfekt ist oder nicht und da sagen die Theologen: Ja, so in der Ordnung wie Gott sie gemacht hat ist sie vollkommen -also er hätte auch eine ganz andere Welt schaffen können- aber so wie der liebe Gott die Ordnung gemacht hat, in der wir leben dürfen, ist die Welt gut. Das sagt er auch im Buch Genesis: Gott sah, dass alles gut war. Also daran müssen wir festhalten, wir dürfen nicht den Glauben an die Vollkommenheit der Schöpfung an sich verlieren, wenn wir das Leid auf dieser Welt sehen. Das war der erste Punkt, der zweite Gedanke ist der: Wie gehen wir jetzt damit um, dass es Leid gibt das sich Menschen gegenseitig zufügen Da sehen wir, dass wir es nicht machen können ohne die Freiheit. Der liebe Gott hat die Welt, die Naturordnung gemacht, aber er hat dem Menschen als Krone der sichtbaren Schöpfung einen freien Willen gegeben und dieser freie Wille ist also auch frei sich entweder für oder gegen Gott zu entscheiden. Und das schließt mit ein, dass Menschen ihre Freiheit missbrauchen und auch die Freiheit von anderen Menschen missbrauchen oder diese beschränken wollen. Dann kann es passieren, eben dadurch, dass der Mensch sich abkehren kann vom wahrhaft Guten, Gott selbst, haben die Menschen die Möglichkeit, auch Böses zu tun. Sie können sich frei entscheiden, Böses zu tun. Inwieweit der Mensch schlecht ist oder sich selbst dadurch Schaden zufügt ist eine andere, eher psychologische Frage, aber diese Möglichkeit zum Bösen hat der liebe Gott gegeben durch die Freiheit; und der liebe Gott respektiert diese Freiheit. Man kann fast sagen, der liebe Gott gibt durch die Freiheit ein Stück seiner Allmacht aus der Hand. Verstehen Sie mich hier bitte nicht falsch, aber der liebe Gott lässt durch die Freiheit die Menschen wirken, ohne dass der liebe Gott uns zwingt, etwas zu tun und das ist etwas unglaublich Schönes. Der liebe Gott möchte, dass wir uns aus freien Stücken für oder gegen ihn entscheiden. Jetzt kommt aber die nächste Frage: Ist es nicht ungerecht, wenn -wie wir als Christen glauben- Adam und Eva die ersten Menschen waren, wir unter ihrer persönlichen Sünde durch die Folgen der Erbsünde bis heute immer noch leiden müssen und so mit Adam und Evas Sünde auch unser Leid begründen?
Auch hier gibt es eine vielleicht etwas komplexe Antwort.
Unsere menschliche Natur ist nicht ganz verdorben, aber sie weist doch eine gewisse Schwäche auf: in den ungeordneten Leidenschaften, im Verstand, der nicht immer die Wahrheit ganz erkennt wie er es sollte und dann von den Leidenschaften noch durcheinandergebracht wird. Das alles ist eine Folge der Erbsünde, weil sie die Prüfung, sich absolut und in jeder Situation für Gott zu entscheiden, nicht bestanden haben.
Aber angenommen, Adam und Eva hätten diese Prüfung bestanden: Wäre es dann wirklich gerecht gewesen, wenn auch wir es ohne Verdienst soweit geschafft hätten und das Gute, das sie getan haben einfach so übernommen hätten? Hätten wir dann nicht gerechterweise selbst auch eine Prüfung bestehen müssen?
Man kann sich ja ganz verschiedene Möglichkeiten ausdenken, die der liebe Gott gehabt hätte: Wären wir als Kinder von Adam und Eva auch wieder im Paradies aufgewachsen oder hätten wir im Paradies auch wieder eine Prüfung bestehen müssen und wer sagt dann, dass jeder Einzelne von uns diese Prüfung bestanden hätte? Also ich denke ein wichtiger Punkt ist hier, dass wir die Ordnung einfach mal versuchen so anzunehmen wie sie ist. Sie sehen hier: ich kann auch keine perfekte, vollkommene Lösung geben, aber das liegt auch an unserer menschlichen Natur. Wir können nicht alles bis ins letzte Detail einerseits verstehen und auch nicht erklären, vor allem nicht, wenn es um die Geheimnisse Gottes geht, die unsere Erkenntnis ja völlig übersteigen.
Zum Abschluss vielleicht noch folgendes: Wir alle haben irgendein Leid, manche viel mehr, manche weniger. Wir sind hier in Europa durch den Wohlstand vielleicht privilegiert.
Warum lässt Gott Kinder in Afrika verhungern? Muss das sein? Nein, es müsste nicht sein, aber man kann auch wohl nicht sagen, dass der liebe Gott daran schuld ist. Wir Menschen müssen normalerweise fähig sein, diese Probleme zu lösen. Wir hätten die Möglichkeiten dazu, der liebe Gott würde uns diese Möglichkeiten sicher durch seine Schöpfung geben können, aber es liegt wieder an uns an unserer eigenen Freiheit. Diese Freiheit gilt es, richtig zu gebrauchen um wirklich eine gerechte Welt zu schaffen und auch dann ist wieder die Frage: Würden es wirklich alle schaffen? Würde es nicht immer auch Solche geben müssen, die sich um der Barmherzigkeit Willen um die armen und kranken Leute kümmern?
Ich denke das ist in unserer Ordnung, in der wir leben, einfach vorgegeben und wir können da nicht heraus. Wir können auch nicht sagen: Nur weil ich Christ bin wird der liebe Gott dieses Leid wegnehmen. Aber wir können sagen, dass es mit dem Heiland, der selbst gekreuzigt wurde, eine
Möglichkeit gibt, das Leid auf dieser Welt besser zu verstehen und besser zu verarbeiten;
und diese Kraft diese wünsche ich Ihnen!