Franz von Borgia – das weiße Schaf in der Familie

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Franz von Borgia – das weiße Schaf in der Familie

Unzucht, skrupelloser Machthunger und Vetternwirtschaft im Vatikan: Als Inbegriff dafür gilt der Borgia-Papst Alexander VI. Der Name Borgia müsste eine Schande für die Kirche sein: Doch der Urenkel dieses unseligen Papstes sollte ein großer Heiliger werden: Franz von Borgia. Er war in einem Leben Herzog, Familienvater, Priester, Jesuit und Gegenreformator. Wie dieses bewegte Leben ausgesehen hat, erfahrt Ihr in diesem Video.

 

Francisco Borgia: Urenkel eines Papstes und eines Königs, Herrscher eines Herzogtums, Günstling des Kaisers, Ehemann und Familienvater, Priester und Jesuit, Verfechter der Gegenreformation und katholischer Heiliger – in einer Person vereint. Sein Fest wird am 10. Oktober gefeiert. Die Lebensgeschichte dieses Heiligen hat es wirklich in sich. Es gibt also einiges zu erzählen:

Der Spanier Francisco de Borgia, geboren am 28. Oktober 1510, war der älteste Sohn von Juan Borgia, dem dritten Herzog von Gandia und Erzbischof von Saragossa, und von Juana von Aragon. Die Abstammung des Heiligen bedeutete ein dunkles Vermächtnis, so etwa durch seinen Urgroßvater Rodrigo Borgia, Papst Alexander VI., Vater von acht Kindern, oder durch seinen mutmaßlich vom eigenen Bruder ermordeten Großvater Juan Borgia, den zweiten Sohn Alexander VI. Seine Mutter Juana war die Enkelin des katholischen Königs Ferdinand von Aragon. Diese verlor er im Alter von 10 Jahren, seine Erziehung stand hernach unter dem Einfluss von Großmutter und Tante, die beide mit dem Eintritt in den Klarissenorden gewissermaßen das Werk der Wiedergutmachung in der Familie Borgia begonnen hatten, das schlussendlich durch unseren Heiligen gekrönt wurde.

Nach sieben Jahren Ausbildung am Hofe seines Onkels in Saragossa, eines protzigen Prälaten ebenfalls im Range eines Erzbischofs, führte Franciscos Weg 1528 an den Hof von Kaiser Karl V. und in eine glänzende Zukunft. Auf der Reise wechselte er einen Blick mit dem von der Inquisition zur Gefängnishaft verurteilten und abgeführten Ignatius von Loyola, nicht ahnend, dass sie beide in Zukunft durch engste Bande verknüpft sein würden. Von Kaiserin und Kaiser weniger als Untertan denn als Verwandter empfangen, von einem prächtigen Gefolge begleitet, erschien der Siebzehnjährige dank seiner reizvollen Erscheinung bei Hofe als der Galanteste und Ritterlichste direkt nach dem Kaiser, seine Tugendhaftigkeit galt als vorbildlich. Die Heirat mit Eleanor de Castro 1529 und der Titel eines Markgrafs von Lombay festigte seine privilegierte Stellung. Sein kultivierter Musikgeschmack machte ihn zu einem wichtigen Restaurator der kirchlichen Musik des 16. Jahrhunderts.

Von Karl V. 1539 zum Vizekönig von Katalonien ernannt, machte er sich, mittlerweile Vater von acht Kindern, sofort nach Ankunft in Barcelona daran, die Aufträge des Kaisers zu erfüllen: Errichtung der Stadtmauern, Bekämpfung der die Stadt terrorisierenden Räuberbanden, Reformation der Klöster und Ausbau des Bildungswesens. 1543, nach dem Tod seines Vaters nun selbst Herzog von Gandia, war er für höchste Ämter vorgesehen, die ihm allerdings aufgrund des Widerstands konkurrierender Fürsten verwehrt blieben. Die Zeit der etwa drei Jahre andauernden Machtkämpfe nutzte Francisco, um sein Herzogtum neu zu organisieren, eine Universität zu gründen, an der er selbst einen Doktorgrad in Theologie erlangte, und einen noch höheren Grad an Tugend zu erwerben.

Nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1546 hatte der Herzog die Jesuiten nach Gandia eingeladen und wurde gleichermaßen ihr Beschützer und Schüler. Am 1. Februar 1548 wurde er einer von ihnen und legte die feierlichen Ordensgelübde ab; vom Papst war er ermächtigt worden, bis zur Erfüllung seiner Pflichten als Vater und Herrscher in der Welt zu bleiben. Am 31. August 1550 verließ der Herzog von Gandia seine Güter für immer und warf sich in Rom dem heiligen Ignatius von Loyola zu Füßen. Mit Erlaubnis des Kaisers dankte er zugunsten seines ältesten Sohnes ab, wurde am 25. Mai 1551 zum Priester geweiht und begann sofort seinen Predigerdienst, um dem Glauben seiner Landsleute zu neuer Kraft zu verhelfen.

Am 10. Juni 1554 ernannte der heilige Ignatius Francisco Borgia zum Generalkommissar der Gesellschaft in Spanien. Zwei Jahre später übertrug er ihm die Leitung der Missionen in Ost- und Westindien und damit aller Missionen der Gesellschaft zur damaligen Zeit. Damit vertraute er gleichzeitig, wenn man so will, einem Rekruten die Zukunft seines Ordens auf der Halbinsel an und bewies mit der Wahl Franciscos seine seltene Menschenkenntnis: Innerhalb von sieben Jahren sollte Francisco die ihm anvertrauten Provinzen erfolgreich umgestalten und vergrößern. Aber auch sein einfacher Lebenswandel, die Fürsorge, die er den Armen in den Hospitälern angedeihen ließ, und die wunderbaren Gnaden, mit denen Gott sein Apostolat umgab, bescherten ihm großes Ansehen. In den Jahren 1565 und 1566 gründete er die Missionen in Florida, Neuspanien und Peru und dehnte damit den Einfluss der Gesellschaft Jesu auch auf die Neue Welt aus. Seinen Kaiser Karl V. inspirierte er abzudanken und seine letzten Jahre als Mönch zu verbringen; auch die Grabrede auf den Kaiser hielt er persönlich.

1561 folgte er der Bitte Papst Pius IV. und zog nach Rom, zur großen Freude von Antonio Ghislieri, dem späteren Papst Pius V., und Karl Borromäus, dem Borgias Vorbild half, selbst ein Heiliger zu werden. Rasch wurde Francisco die Verehrung durch die Öffentlichkeit zuteil. 1565 wurde er zum General der Gesellschaft Jesu ernannt. Durch Krankheit und Entbehrungen geschwächt, verfügte er auch in diesem neuen Amt noch über viel Kraft, die ihn, zusammen mit seinem reichen Vorrat an Initiative, seinem Wagemut bei der Planung und Ausführung großer Vorhaben und dem Einfluss, den er auf die christlichen Fürsten und in Rom ausübte, für die Gesellschaft zugleich zum Vorbild und zum von der Vorsehung bestimmten Haupt machte. Der Prediger Francisco hingegen wurde still. Als Seelenführer wurde er aber auch weiterhin sichtbar durch seine immens umfangreiche Korrespondenz, die in der ganzen Welt Licht und Kraft an Könige, Bischöfe und Apostel, an fast alle, die zu seiner Zeit der katholischen Sache dienten, weitergab.

Sein Hauptanliegen war und blieb es, seinen Orden zu stärken und weiterzuentwickeln, und so schickte er Besucher in alle Provinzen Europas, nach Brasilien, Indien und Japan. Die Anweisungen, die er ihnen gab, waren geprägt von Klugheit, Freundlichkeit und Weitsicht. Sowohl den Missionaren als auch den vom Papst zum Augsburger Reichstag entsandten Vätern, den Beichtvätern der Fürsten und den Professoren der Kollegien bahnte er die Wege. Zu sehr Mann der Pflicht, um Nachlässigkeit oder Missbrauch zuzulassen, zog er Menschen dennoch vor allem durch seine Güte an und gewann durch sein Beispiel Seelen für das Gute.

Unter seiner Ägide entwickelte sich die Gesellschaft Jesu weiter zu einer weltumspannenden Organisation. Besonders in Europa kam es zu vielzähligen Gründungen in Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Flandern, Deutschland, Tirol, Böhmen und Polen. In den sieben Jahren seiner Regierung hatte Borgia so viele Reformen in seinem Orden eingeführt, dass er als zweiter Gründer neben Ignatius bezeichnet werden kann. Insgesamt vier Päpste hätten in gern in den Kardinalsstand erhoben, was den demütigen Priester in große Bedrängnis brachte. Vor der Kardinalswürde „bewahrt“ hat ihn auf Weisung des Hl. Ignatius eigens abgelegtes Gelübde, keine Würden ohne den ausdrücklichen Befehl des Papstes anzunehmen.

Drei Heilige dieser Epoche setzten sich unermüdlich für die Wiedergeburt des Katholizismus ein. Es waren der heilige Pius V., der heilige Karl Borromäus und eben der heilige Franz Borgia,

Das Pontifikat Pius’ V. und die Generalsherrschaft Borgias begannen im Abstand von wenigen Monaten und endeten fast gleichzeitig. Der heilige Papst hatte volles Vertrauen in den heiligen General, der mit intelligenter Hingabe jedem Wunsch des Pontifex nachkam. Als zum Beispiel Rom 1566 von einem pestähnlichen Fieber heimgesucht wurde, organisierte Borgia Hilfsmaßnahmen, richtete Ambulanzen ein und stellte vierzig seiner Ordensleute zur Verfügung, so dass der Papst zwei Jahre später, als das gleiche Fieber ausbrach, Borgia sofort die Aufgabe übertrug, die Stadt zu schützen.

1571 bat der hl. Pius V. Francisco, seinen Neffen, Kardinal Bonelli, auf einer langen Reise nach Spanien, Portugal und Frankreich zu begleiten. Francisco erholte sich zu der Zeit von einer schweren Krankheit und spürte, dass eine solche Reise ihn das Leben kosten würde; dennoch sagte er zu. Auf den verschiedenen Stationen seiner Reise wurde er von zwei Königshäusern empfangen und vom Volk als Heiliger gefeiert. Zahlreiche Menschen kamen aus ihren Dörfern und Städten, um den Heiligen zu sehen. Doch seine Lungen waren vom harten Winter sehr angegriffen, und selbst auf einer Sänfte war die Reise sehr qualvoll. Doch er wollte unbedingt nach Rom zurückkehren und wurde dort in seine Zelle getragen, die bald von Kardinälen und Prälaten gestürmt wurde. Zwei Tage lang wartete Francisco Borgia bei vollem Bewusstsein auf den Tod, empfing alle, die ihn besuchten, und segnete durch seinen jüngeren Bruder Thomas Borgia alle seine Kinder und Enkelkinder. Kurz nach Mitternacht am 1. Oktober 1572 fand sein Leben nach 61 Jahren ein friedliches Ende.

In der Katholischen Kirche ist er eines der eindrucksvollsten Beispiele für die Bekehrung der Seelen nach der Renaissance, und für die Gesellschaft Jesu war er der von der Vorsehung auserwählte Beschützer, dem sie nach dem heiligen Ignatius am meisten verdankt.

Nicht umsonst verehrt die Kirche im heiligen Franz Borgia einen großen Heiligen. Die höchsten Adligen Spaniens sind stolz, von ihm abzustammen oder mit ihm in Verbindung gebracht zu werden. Durch sein bußfertiges und apostolisches Leben hat er die Sünden seiner Familie wiedergut- und einen Namen glorreich gemacht, der ohne ihn eine Quelle der Demütigung für die Kirche geblieben wäre.

Hl. Franz von Borgia – bitte für uns.